Definition Alltags­mathe­matik

Allgemeine Definition

Grundsätzlich wird unter Alltagsmathematik die Kompetenz verstanden, numerische Fähigkeiten im Alltag einsetzen zu können. Bei Alltagsmathematik steht im Gegensatz zu Mathematik nicht das abstrakte, akademische Fachwissen im Vordergrund, sondern die Anwendung von Grundkenntnissen auf reale Alltagssituationen. Der europäische Verband für Erwachsenenbildung definiert wie folgt:

Das Erkennen und Verwenden von numerischen Informationen im Alltag – das heisst mit Hilfe der Mathematik Probleme lösen, beschreiben und erklären sowie abschätzen zu können, welche Ereignisse (aufgrund von Wahrscheinlichkeiten) möglicherweise eintreten werden.Übersetzung nach European Association for the Education of the Adults 2018

Wie aus der Definition deutlich wird, geht es nicht nur um die Beherrschung von Rechenoperationen. Das logische Denken und das adäquate Urteilsvermögen stehen ebenso im Vordergrund. Sie bilden eine wichtige Voraussetzung für eine Vielzahl an Fähigkeiten:

  • Interpretieren von Daten, Tabellen, Grafiken und Diagrammen
  • Logisches Verknüpfen und Verarbeiten von Informationen
  • Treffen von Entscheidungen auf Grundlage logischer Überlegungen
  • Verständnis von (numerischen) Lösungsansätzen
  • Lösen von (numerischen) Problemen
  • Plausibilisieren und Überprüfen von Ergebnissen

Rechenfertigkeiten zählen nebst Lese-, Schreib- und digitalen Kompetenzen zu den Grundkompetenzen, da sie notwendig sind, um den Anforderungen des Alltags zu genügen. Die OECD (2005) zählt sie entsprechend auch zu den Schlüsselkompetenzen, da sie ein «unverzichtbares Werkzeug für ein gutes Funktionieren in der Gesellschaft, am Arbeitsplatz und für die Teilnahme an einem effektiven Dialog mit anderen» sind. Ihre Bedeutung wird in den verschiedensten Alltagssituationen deutlich, in denen sie entweder vorausgesetzt werden oder sich als vorteilhaft erweisen:

  • im Beruf
  • als Konsument/in
  • in Finanzangelegenheiten
  • als Elternteil etwa bei der schulischen Begleitung von Kindern
  • als Patient/in, um Gesundheitsinformationen verstehen zu können
  • als Bürger/in, um Fakten einordnen zu können

Orientierungsrahmen Grundkompetenzen Mathematik

In der Schweiz wurde, 2020 unter der Leitung des Staatsekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) ein Orientierungsrahmen für Grundkompetenzen in Mathematik aufgestellt, um zu klären, welche Handlungsbereiche als Grundkompetenzen in Mathematik aufzufassen sind. Dieser Rahmen «dient den Subventionsgebern und beratenden sowie vermittelnden Stellen als Orientierungshilfe, den Bereich der Grundkompetenzen Mathematik konkreter beschreiben zu können» (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI 2020).

Der Orientierungsrahmen bietet eine Übersicht über die aus heutiger Sicht zentralen mathematischen Grundkompetenzen, die ein selbstständiger Erwachsener benötigt, um an der Gesellschaft teilzunehmen und mit den mathematischen Problemen des täglichen Lebens umzugehen wie zum Beispiel:

- Geldverwaltung (Einkäufe, Budget etc.)

- die Berechnung eines Rabatts

- die funktionale Nutzung von Masseinheiten (korrekte Verdünnung eines Reinigungsproduktes, Kochen nach Rezept usw.)

- die Nutzung des räumlichen Bezugssystem (Vermessung einer Oberfläche, Verwendung eines Plans, Entschlüsselung der Gebrauchsanweisung für die Montage eines Möbelstücks usw.)

Aufzählung gemäss Orientierungsrahmen des SBFI 2020

Der Orientierungsrahmen bietet eine Übersicht über die aus heutiger Sicht zentralen mathematischen Grundkompetenzen, die ein selbstständiger Erwachsener benötigt, um an der Gesellschaft teilzunehmen und mit den mathematischen Problemen des täglichen Lebens umzugehen wie zum Beispiel:

Der Orientierungsrahmen des SBFI fasst die grundlegenden mathematischen Aufgaben in fünf Handlungskompetenzbereiche zusammen und gliedert diese in jeweils einzelne Handlungskompetenzen.

Abbildung gemäss Orientierungsrahmen SBFI 2020

Mathematische Grundkompetenzen beziehen sich dabei im Orientierungsrahmen auf zwei Dimensionen: Einerseits umfassen sie Alltagskompetenzen, die für jeden Menschen unerlässlich sind, um den Alltag eigenständig zu bewältigen, zum Beispiel eine Wohnung einrichten. Andererseits umfassen die Grundkompetenzen in Mathematik gemäss dem Rahmen auch sog. Anschlusskompetenzen, welche insbesondere Erwachsene benötigen, die den Einstieg in die Berufsbildung oder eine berufliche Zertifizierung anstreben. Die Grenze zwischen diesen beiden Dimensionen ist fliessend.

Der Orientierungsrahmen weist weiter darauf hin, dass ein Bezug zwischen den Grundkompetenzen in Mathematik und den aussermathematischen Kompetenzen besteht. Es kann beispielsweise wichtig sein, einem Text zentrale Informationen zu entnehmen (Lesen und Schreiben) oder digitale Hilfsmittel für Berechnungen und mathematische Darstellungen zu kennen (Digitale Kompetenzen), um Grundkompetenzen in Mathematik zu erwerben. Daher ist es entscheidend, bei der Förderung von Grundkompetenzen an erster Stelle auf das Individuum und dessen Bedürfnisse einzugehen.

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Literaturhinweise:

European Association for the Education of the Adults. 2018. The life skills approach in Europe, abrufbar unter: PDF-Dokument

Ise, Elena und Gerd Schulte-Körne. 2013. Symptomatik, Diagnostik und Behandlung der Rechenstörung. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 41(4):271–282. abrufbar unter: Zur Website.

Notter, Philipp, Claudia Arnold, Emanuel von Erlach, und Philippe Hertig. 2006. Lesen und Rechnen im Alltag: Grundkompetenzen von Erwachsenen in der SchweizNeuchâtel: Bundesamt für Statistik, abrufbar unter: Zur Website.

OECD. 2005. Definition und Auswahl von Schlüsselkompetenzen, abrufbar unter: PDF-Dokument

Weitere verwendete Literatur

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